Ich verstehe Sie! Ich weiß genau, wie Sie sich fühlen. Ja wirklich!

Ich weiß, wie es ist, wenn man nur im Dunkeln mit dem Hund rausgehen möchte, damit man niemandem begegnet. Ich fühle mit Ihnen, wenn Sie in einer scheußlichen Gegend Gassi gehen, weil Ihnen da niemand begegnet. Und ich weiß auch, wie es ist, wenn man mit hochrotem Gesicht schleunigst die Szene verlassen möchte, weil man sich nur noch geniert.

 

Ich kenne dieses Gefühl, wenn der eigene Hund sich wieder einmal unmöglich aufführt und die ganze Nachbarschaft Zeuge ist. Die Hilflosigkeit, wenn jemand sagt: „Und? Was ist jetzt mit deinen neumodernen Methoden?“ Die Wut, weil der Hund ausgerechnet jetzt …. Die Einsamkeit, weil niemand mehr auf Besuch kommen und schon gar niemand mehr Sie einladen mag. Und die Scham, nicht einmal einen Hund vernünftig erziehen zu können!

 

Ich kenne vieles aus eigenem Erleben – auch die Hunde von TrainerInnen sind nicht naturbrav, sie können sich sogar ganz unsäglich daneben benehmen. Und ja, meine Hunde haben mich wirklich blamiert – bis auf die Knochen! Glauben Sie mir, das nagt auch am Selbstbewusstsein einer TrainerIn – zumindest in den Anfangsjahren.

 

Einen Hund erziehen, dass kann doch wirklich jeder!

„Kopf hoch“ ist auch eine Lösung, Klaus Seibold

Ich kenne das alles auch von vielen Beratungsgesprächen mit HundehalterInnen, die meinen Rat und meine Hilfe suchen. Die  Menschen erzählen nicht sofort, wie sehr sie sich eingeschränkt und unter Druck fühlen mit ihrem Hund. Auch, dass Sie sich als VersagerIn fühlen, wird – wenn überhaupt – erst ausgesprochen, wenn wir uns etwas besser kennen und sie mir vertrauen. Schließlich ist das etwas sehr Persönliches. Allerdings erkenne ich in der Zwischenzeitauch schon die kleinen Anzeichen des Drucks, der Überforderung und der Scham. „Einen Hund erziehen, dass kann doch jeder – warum kriege ich es nicht hin?“

 

Es reicht schon, wenn einen der Hund in der ganzen Nachbarschaft so „vorführt“, dass  sich sogar der Hausmeister vom Nachbarblock bemüßigt fühlt, Ihnen seine Erkenntnisse aus der letzten Hundetrainingsfernsehsendung um die Ohren zu hauen. Oder wenn die KollegInnen, auf deren guten Willen Sie angewiesen sind, unverhohlen ihre Missbilligung zeigen und Sie Angst haben, dass Sie den Hund nicht mehr mit zur Arbeit nehmen dürfen.

 

Richtig schlimm wird es, wenn der Gegenwind aus der eigenen Familie kommt, wenn der Partner, die Partnerin sich über den „blöden“ Hund aufregt und Ihnen an den Kopf knallt, dass Sie zu gut, zu nachgiebig, zu was weiß ich was sind. Das tut dann richtig weh, weil zu der Scham und der Peinlichkeit auch noch dazu kommt, dass Sie sich von jemandem, dessen Meinung Ihnen wichtig ist, nicht verstanden und – schlimmer noch – in Frage gestellt fühlen.

 

Annehmen was ist!

Aber unabhängig davon, woher der Druck kommt, der erste Schritt in Richtung Veränderung ist ebenso simpel wie anspruchsvoll: Annehmen, was ist!

„Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen“ Henry Ford

Egal wie peinlich Ihnen das Benehmen Ihres Hundes ist, egal wie unangenehm Ihnen die Blicke der PassantInnen sind, zunächst heißt es, die gegenwärtige Situation zu akzeptieren!

Ihr Hund bellt wie verrückt, wenn er einen anderen sieht! So what! Im Moment ist das so – ob es Ihnen passt oder nicht.

Ihr Hund zieht wie ein Berserker an der Leine, wenn ein Fahrrad in seinem Blickfeld auftaucht? Gut, das ist weder angenehm, noch möchte man sich dabei beobachten lassen, aber so ist es nunmal – zumindest jetzt im Augenblick. Ob Sie wollen oder nicht: das ist die Gegenwart!

Ob Sie sich auf den Kopf stellen, den Hund anschreien, ihm etwas nachwerfen, Vodoozauber veranstalten oder sonst irgendetwas aufführen: jetzt ist es so und nicht anders.

 

Cool bleiben 🙂

Auch, wenn das jetzt seltsam klingt, wenn Sie sich dazu durchringen, das Verhalten Ihres Hundes für den Moment als gegeben anzunehmen, wird das enorm zu Ihrer Entspannung beitragen. Aus dieser Annahme der Ist-Situation heraus, sind Sie in der Lage, Ihre Kollegin um Unterstützung für das Bürotraining oder Ihren Nachbarn um Hilfestellung beim Begegnungstraining im Hausflur zu bitten. Oder um beiden zu sagen, dass Sie mit Ihrem Hund am Thema arbeiten und es noch ein bisschen Geduld und Verständnis braucht. Den Status quo als gegeben anzunehmen, ist die Ausgangsbasis für alles weitere.

Und der Vollständigkeit halber ergänze ich hier: ich rede nicht davon, sich mit etwas abzufinden und zu resignieren. Das ist sicher nicht der Weg.

In die Tat kommen

„Das einzige, was wir zu verlieren haben, wenn wir Herausforderungen annehmen, ist unsere Angst!“ Tatuljan David

Jetzt geht es um die Umsetzung: Im nächsten Schritt überlegen Sie, wie Sie nun von diesem Status quo dorthin kommen, wo Sie hinmöchten.

 

Als Beispiel: Ihr Hund führt sich unmöglich auf, wenn Besuch kommt und Sie möchten lieber, dass er artig auf seiner Decke liegt und den Besuch in Ruhe lässt. Also schauen Sie sich – am besten mit Hilfe einer TrainerIn – an, welche Trainingsschritte notwendig sind, um das gewünschte Verhalten zuverlässig zu erreichen. Übrigens: je kleiner Sie die Trainingsschritte wählen, umso einfacher wird es.

 

Jetzt kommen Sie wirklich in die Tat, planvoll, überlegt und systematisch: Beginnen Sie mit dem kleinsten Trainingsschritt, der ganz am Anfang steht und arbeiten Sie sich in Ruhe Schritt für Schritt vor. Sehen Sie das Training als Leiter, die Ihr Hund mit Ihrer Hilfe und Anleitung Stufe für Stufe erklimmt, bis er beim gewünschten Verhalten angelangt ist.

 

„Falsches“ Verhalten verhindern

„Die Lösung liegt oft im Unterlassen“ Marcello Camerin

Dass Sie parallell dazu dafür sorgen, dass Ihr Hund gar keine Gelegenheit mehr hat, sich „unerwünscht“ zu verhalten, versteht sich von selbst. In unserem Besuchsbeispiel bedeutet das, entweder kommt vorläufig kein Besuch mehr oder der Hund ist nicht dabei, wenn doch Besuch kommt. Diesen Punkt dürfen Sie keinesfalls außer Acht lassen, wenn Ihr Training greifen soll. Es hat keinen Sinn, wenn der Hund während der Trainingsphase auch das unerwünschte Verhalten weiterhin praktizieren kann. Ohne Management kein Training!

„Nimm an, was nützlich ist. Lass weg, was unnütz ist. Und füge das hinzu, was dein Eigenes ist“ Bruce Lee

Sie werden sehen: haben Sie sich erst einmal damit versöhnt, dass Ihr Hund Rambo persönlich, ein begnadeter Raufer oder ein unangenehmer Schreihals ist, fällt es Ihnen viel leichter, ein zielgerichtetes Training durchzuziehen. Wenn Sie das peinliche Verhalten Ihres Hundes nicht mehr persönlich nehmen, können Sie sich mit einer gewissen professionellen Distanz der Lösung des Problems widmen.

 

Auch wenn ich Ihnen nicht verspreche, dass Sie jedes unerwünschte Verhalten Ihres Hundes durch Training günstig beeinflussen können (denn das wäre äußerst unseriös), kann ich Ihnen doch auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung der Situation in Aussicht stellen. Alleine schon dadurch, dass Sie Ihre Haltung verändern, haben Sie großen Einfluss auf die weitere Entwicklung. Versprochen!

 

Herzlichst

Eure und Ihre

Karin Immler

 

 

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