Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir!

Haben Sie den Spruch auch noch im Ohr?

Auch beim Hundetraining geht es um das echte Leben. Auc hier gilt: für das Leben lernen wir. Denn auch das, was Sie mit Ihrem  Hund erarbeiten, möchten Sie schließlich in Ihrem ganz normalen Alltag verwenden. Aber bevor Sie soweit sind, ist es sinnvoll, zunächst einmal in einem geschützten = kontrollierbaren Bereich zu bleiben. Natürlich kann man auch einfach so drauflos trainieren, in der Regel bewähren sich aber ein paar Vorüberlegungen und ein wenig Vorbereitung.

Das Lernstübchen

Zunächst einmal ist für den Anfang Ihres Trainings eine möglichst ablenkungsfreie und entspannte Trainingssituation günstig. Manche KollegInnen sprechen von der Trainingsblase oder vom Trainingslabor. Egal wie Sie es nennen möchten, es geht darum, optimale Bedingungen für das Training zu schaffen. Genau wie wir profitieren auch unsere Hunde von bestimmten Rahmenbedingungen für eine Lerneinheit, wie z.B. ein angenehmes Raumklima, geeignete Einrichtung (rutschige Böden sind z.B. für Hunde gar nicht lustig) und Ruhe.  Zu diesen Rahmenbedingungen gehört ebenfalls, dass Ihr Hund – genau wie Sie selbst – , in der richtigen Verfassung zum Lernen, zum Trainieren ist. Hunger, Bauchweh, schlechte Laune, ein eben stattgefundener heftiger Streit, ein ausklingendes Gewitter etc. sind kein guter Boden für Lernerfolge.

Der Trainingsplan

„Ich mag zwar noch nicht am Ziel sein, aber heute bin ich näher dran wie gestern“ Martin FIetzek

Einfach so aufs Geradewohl loszulegen mag bei manchen Kreativitätsübungen durchaus sinnvoll sein, im Allgemeinen empfehle ich aber, sich einen Trainingsplan zu machen – zumindest im Kopf.

Dieser Trainingsplan besteht im wesentlichen aus der Ausgangssituation, dem Zielverhalten und den Zwischenschritten oder Teilerfolgen.  Außerdem legen Sie im Trainingsplan fest, welche Utensilien und Hilfsmittel für die Trainingssession notwendig sind und welche Belohnungen Sie verwenden möchten.

c)knowwau

Gestatten Sie mir noch einen Exkurs die Zwischenschritte/Teilerfolge betreffend. Meiner Erfahrung nach kann die Definition dieser Zwischenschritte, die ich persönlich gerne als Meilensteine bezeichnet, sehr wohl trainingsentscheidend sein. Mithilfe dieser Meilensteine schaffen Sie kleine, erreichbare Ziele für sich und Ihren Hund.

„Denn schnell oder nicht schnell hängt bei gewaltsamem Training einfach davon ab, wie brutal der Trainer vorgeht, bei gewaltfreiem Training dagegen, wie viel er von Hunden versteht“ Ute Rott

Und anstatt sich damit herum zu plagen, auf irgendein fernes schier unerreichbares Ziel hinzuwurschteln, können Sie – sozusagen in aller Ruhe einen Teilerfolg nach dem anderen feiern. Nebenbei wird durch dieses bewusste Wahrnehmen der einzelnen Etappen Ihr Training auch ein Stück weit fairer. Denn es schärft Ihren Blick darauf, was Ihr Hund tatsächlich auf dem Weg zum großen Ziel – also zum gewünschten Verhalten in möglichst allen Lebenslagen – alles leisten und bewältigen muss.

Außerdem macht es sehr viel Spaß, sich gemeinsam an Erfolgen zu erfreuen! Das hebt die Laune und sorgt für gute Motivation.

Auf ins Leben

Hat Ihr Hund das neue Verhalten grundsätzlich gelernt und kann es im Lernstübchen zuverlässig auf Ihr Signal hin zeigen, dann ist die Zeit reif, damit hinaus ins Leben zu gehen. Immer noch sind Zwischenschritte/Meilensteine wichtig und hilfreich. Denn von der ablenkungsfreien Trainingssituation Direttissima auf die Hundewiese – das wäre doch etwas heftig. Es ist für Ihren Hund keinesfalls selbstverständlich, die Verhaltensweise aus dem Lernstübchen in andere Situationen und Abläufe zu übertragen. Wir Menschen können Erlerntes gut verallgemeinern. Für unsere Hunde dagegen ist der Gesamtkontext wichtig, d.h. ein Verhalten gehört zunächst in eine ganz spezielle Situation. Genau so, wie es geübt wurde. Mit derselben Beleuchtung, den Geräuschen und Gerüchen, Ihrer Haltung und Position zum Hund – um nur einige Details zu nenen. Als guter Trainer/gute Trainerin Ihres Hundes verändern Sie nach und nach Details wie zum Beispiel Örtlichkeit, Tageszeit, Ablenkung etc., sodass Sie Ihren Hund Stück für Stück fördern und fordern, ohne ihn zu überfordern. Gelernt wird schließlich am Erfolg!

Super – ich will mehr davon!

Kennen Sie noch das „Zwickerbussi“? Jenes wohlmeinende Zwicken (Kneifen) in die Wange, das meist zeitgleich mit „Du bist aber groß geworden“ und dem Überreichen der mitgebrachten Süßigkeit durch die ausführende Tante/Großtante/Großcousine stattfand? Wodurch der Wert der Süßigkeit sofort deutlich sank und man geneigt war, beides in Bausch und Bogen von sich zu weisen.

So ähnlich geht es vielleicht auch Ihrem Hund, wenn er erfreut den dargebotenen Bissen nehmen möchte und im selben Moment eine Hand knuddelnd und tätschelnd von oben auf dem Kopf landet. Belohnung fühlt sich anders an!

„Strafen und Belohnungen werden vom Empfänger definiert. Nicht vom Sender!“ Karen Pryor

Es lohnt sich wirklich, sich mit dem Punkt  „Belohnung“ auseinandersetzen. Was tatsächlich eine Belohnung ist, entscheidet fatalerweise nicht der, der sie gibt. Anders formuliert, Ihre Belohnung kann noch so gut gemeint sein, ob sie tatsächlich belohnend ist, darüber entscheidet Ihr Hund.

Heben Sie den Schatz

Eine gute Idee ist es, eine Belohnungshitliste oder Belohnungsschatzkiste zusammenzustellen. Dahinein packen Sie alles, was Ihr Hund als belohnend empfindet. Sie werden sehen, dass sich in Ihrer Schatzkiste bei weitem nicht nur Leckerchen finden werden. Beobachten Sie Ihren Hund und versuchen Sie, die Belohnungen zu erkennen, die sich in Ihrem Alltag ergeben.

Je nachdem, welches Trainingsziel Sie haben, kommen bestimmt auch bei Ihrem Hund ganz  unterschiedliche Belohnungen als Verstärker infrage. Selbst wenn Sie bei Futterstückchen bleiben möchten, haben Sie viele Variationsmöglichkeiten: Größe, Menge, Qualität und auch die Art der Verabreichung. Denn ein Leckerchen können Sie werfen, rollen, vors Mäulchen halten, belauern lassen, vergraben und und und.

Ich belohne gerne

„Wenn unter schwierigen Bedingungen aus den leichtesten Übungen große Herausforderungen werden, müssen die Verstärker der Leistung angemessen sein!“ Martina Schoppe

Wenn Sie im Training nicht weiterkommen, obwohl Sie pünktlich markern und reichlich belohnen, dann sollten Sie auf jeden Fall in Ihrer Schatzkiste nach einer anderen Belohnung, einem echten Verstärker kramen. Und nebenbei bemerkt, ein bisschen Abwechslung kann sowieso nicht schaden.

Ich weiß nicht warum, aber viele Menschen belohnen gar nicht gerne. Eine der häufigsten Fragen in der Hundeschule lautet „Wann kann ich aufhören zu belohnen?“ Eigentlich traurig! Es macht doch so großen Spaß, zu belohnen – sowohl dem Hund als auch dem Menschen. Und von der Lerntheorie her, sollten Sie auch ein gut etabliertes Verhalten zumindest gelegentlich belohnen, damit es auch zuverlässig erhalten bleibt. Also nicht nur im Training, sondern auch im echten Leben belohnen.

Schlaue Hunde

Hunde sind unwahrscheinlich clever und es ist bewundernswert, was sie auch unter schlechten Bedingungen alles lernen können und wie schnell. Unter guten Bedingungen, die Sie mit etwas Überlegung, Management und Geduld schaffen können, wird Ihr Hund noch viel schneller und wesentlich nachhaltiger lernen, was Ihnen wichtig ist. Gerade wenn man in Trainingsdingen noch unerfahren ist, fällt es einem vielleicht schwer, einen kleinschrittigen  Trainingsplan zu erstellen und für die optimalen Trainingsbedingungen zu sorgen. In diesem Fall lohnt es sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Haben Sie sich einmal an diese Sichtweise gewöhnt, wird es Ihnen von Mal zu Mal leichter fallen, den Trainingsplan zu entwickeln, die Trainingsbedingungen optimal zu gestalten, die passenden Belohnungen zu wählen und Ihrem Hund der beste Lehrer, die beste Lehrerin zu sein.

Und nicht vergessen: Spaß darf sein! Je lustiger das Training umso wirksamer!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihrem Hund, Ihren Hunden viel Spaß beim Training.

Herzlichst
Eure und Ihre
Karin Immler

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