„Ich bin im Stress!“ Kennen Sie diesen Satz? Bestimmt! Kaum jemand, der ihn noch nicht verwendet hat. In Zeiten von Facebook & Co scheint es sogar schon zum guten Ton zu gehören, „im Stress“ zu sein. Besonders die Formulierung „ich bin im Stress“ statt „ich habe Stress“ finde ich spannend. Die erweckt bei mir ein Bild, als würde jemand ertrinken im Stress, darin untergehen. Vielleicht ist es ja genau so und wir gehen förmlich unter in all dem Wirbel und dem Zeitdruck in unserem Leben.

Ich bin im Stress! Und mein Hund mit mir!

„Der Mensch im Streß: Ein echtes »Wirbel«-Tier!“ Gerhard Uhlenbruck

Was das mit unseren Hunden zu tun hat? Sehr viel sogar. Wir nehmen sie herein in unser Leben, wir zwingen ihnen unseren dicht getakteten Alltag auf, der im Grunde dem hundlichen Lebensstil völlig widerspricht. Wenn man Hundeartige beobachtet oder Straßenhunde, die vom Menschen unbeeinflusst ihren Tag verbringen, dann stellt man fest, dass die Tiere es durchaus geruhsam mögen. Natürlich wird auch mal gerannt und gespielt, aber bloß nicht zu viel. Mit den Energien wird sorgsam gehaushaltet und mehr gebummelt als gelaufen.

 

In der Ruhe liegt die Kraft

Hunde haben ein ausgeprägtes Ruhebedürfnis. Man spricht von 17 – 18 Stunden Schlaf und Ruhe für einen erwachsenen Hund. Ja, das gilt auch für die sogenannten Arbeitsrassen! Natürlich verbringen die Hunde diese 17 – 18 Stunden nicht im Tiefschlaf, dösen, ein bisschen vor sich hin träumen und einfach faul den Tag genießen, gehört zum gesunden Hundeleben einfach dazu.

Eine herrliche Vorstellung, nicht wahr?!

Der Alltag sieht allerdings anders aus. Früher sind die Hund meistens zuhause geblieben, wenn die Menschen unterwegs waren und Stadtbummel gemacht oder ein Fest besucht haben. Und vermutlich haben viele Hunde diese Zeit weitgehend verschlafen. Inzwischen ist es unser Wunsch, dass die Hunde uns begleiten und bei unseren Unternehmungen dabei sind. Wir haben sogar ein schlechtes Gewissen, wenn wir die Hunde nicht mitnehmen. Ob wir den Hunden damit immer etwas Gutes tun, das ist allerdings die Frage.

 

Viele Hunde haben tatsächlich einen ziemlich vollen Terminkalender. Von der Gruppenstunde im Hundeverein über das Bewegungstraining bei der Physiotherapie, dreimal die Woche Hundekindergarten und am Wochenende Agilityturnier oder Mantrailing. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, gegen all diese Dinge ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wenn, ja wenn eine ausgewogene Balance zwischen Aktion und Ruhe sichergestellt ist. Das bedeutet, dass nach einem actionreichen Tag erst einmal Ruhe und Faulenzen angesagt ist – und zwar nicht zu knapp.

 

„Normaltemperatur“ ist wichtig

Von uns selbst wissen wir, dass es eine Weile dauert, bis wir nach Aufregungen oder Anstrengungen wieder „auf Normaltemperatur“ fahren. Bei Hunden braucht das Runterkommen noch um einiges mehr Zeit. Bis sich der Hormoncocktail im Hund von “Alarm“ auf „Basic“ normalisiert hat, vergehen oft Tage. Und wenn während dieser Zeit der nächste Adrenalinstoß kommt – oft gut gemeint in Form von Ballspielen, Agilitytraining, Fahrradtour oder Cityausflug-, dann schnalzen die Stresshormone wieder hoch und kommen gar nicht mehr auf „Basic“ herunter. Das ist dann möglicherweise der Beginn einer unendlichen und unerfreulichen Geschichte.

„Der braucht viel Auslauf!“

Die HundehalterInnen meinen es gut. Schließlich hören sie ja ständig „Was, du hast einen … (Hütehund, Jagdhund, Husky….), na da hast du ja volles Programm, wenn du den auslasten willst!“

Ich erinnere mich an eine Kundin, die einen Straßenhund bei sich aufgenommen hatte, von dem man annahm, es sei ein Windhundmischling. Der Hund war hibbelig, bellte und fiepte unentwegt, fing seinen Schwanz und sprang ständig an allen und allem hoch. In ihrem Bestreben, den Hund auszulasten, hatte sie sich vom anfänglichen Spaziergang bis zu 4 Stunden Fahrradfahren täglich gesteigert. Sie war verzweifelt, weil der Hund nicht müde zu kriegen war. Sie hatte für nichts mehr Zeit (klar bei 4 Stunden Radfahren täglich) und war am Ende ihrer Kraft.

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Abgesehen davon, dass sie das Tier zum Leistungssportler aufgebaut hatte, fehlte dem Hund einfach die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen. Denn auch der Rest des Tages war nicht dem kontemplativen Lebensstil eines Straßenhundes angepasst, sondern dem Beruf von Frauchen, in deren kleinem Ladengeschäft ein reges Kommen und Gehen herrschte. Der Hund war natürlich stets mittendrin und sorgte mit seiner lauten hektischen Art für allerhand Unfrieden und auch Ärger mit den KundInnen!

 

 

Schrittweise wurde das Radfahren reduziert und dafür Auslastung fürs Köpfchen eingebaut. Der Hund bekam ein ruhiges Plätzchen ohne Kundenkontakt, an dem er ungestört dösen konnte, dazu viel zum Kauen und Nasenspiele – es hat eine ganze Weile gedauert, aber Frauchen und Hund sind inzwischen zur Ruhe gekommen und Radfahren gibt es nur mehr in kleinen, nicht wirklich sportlichen Einheiten. Beim letzten Kontakt hieß es „Ich hätte nie gedacht, dass wir es einmal so gemütlich miteinander haben könnten!“

 

Unerwünschtes Verhalten als Folge von Stress

Unerwünschtes Verhalten ist in vielen Fällen die Folge von Stress. Unruhe, Reizbarkeit und Aggression entstehen nur allzu oft durch zu wenig Schlaf und Ruhe. Zu viel Stress macht krank – das gilt auch für Hunde. Verdauungsbeschwerden, Juckreiz, Probleme mit der Bauchspeicheldrüse, und und und.  Doch in unserem Leben ist Ruhe gar nicht mehr vorgesehen. Ständig laufen Fernseher oder Radio, das Handy klingelt oder piepst zu jeder Tages- und Nachtzeit und in unserem Alltag geht es Schlag auf Schlag. Gerade in Familien mit Kindern oder Halbwüchsigen herrscht oft rege Betriebsamkeit, statt der Ruhe und Beschaulichkeit, die dem Hund – und den Menschen – gut täte.

Merken Sie, wenn Ihr Hund zuviel hat?

„Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt“ Ernst Ferstl

Man sieht es den Hunden gar nicht so leicht an, dass sie zu viel Wirbel haben. Dazu muss man schon ein bisschen genauer hinschauen. Ihr Hund klopft ja nicht auf den Tisch, um bei der Familienkonferenz mitzuteilen, dass ihm die ganze Action hier zu viel ist und er jetzt erst einmal ein paar Tage Wellness-Auszeit braucht. Hunde zeigen Mangel an Ruhe auf subtile Weise, so subtil, dass die Zeichen allzu oft übersehen werden.

hechelnder hund

Kennen Sie die Stressanzeichen Ihres Hundes? Woran merken Sie, dass ihm etwas zu viel, zu laut, zu anstrengend ist? Wissen Sie, wie Sie ihn dabei unterstützen können, möglichst schnell wieder zur Ruhe zu kommen?

 

Die gute Nachricht ist, dass Sie lernen können, die Anzeichen zu sehen und Ihrem Hund viel unnötigen Stress zu ersparen. Und Sie beide können lernen, sich nach Aufregungen rasch wieder zu entspannen. Entspannung ist ein Zustand, den man trainieren kann – so wie einen Muskel. Sie können diesen „Entspannungsmuskel“ mit Ihrem Hund gemeinsam aufbauen, das kommt Ihnen beiden zugute! Ein bisschen weniger Stress, das wäre doch auch für uns Menschen eine gute Sache.

 

 

Viele ruhige und entspannte Momente mit Ihrem Hund/Ihren Hunden wünscht Ihnen

Herzlichst
Eure und Ihre
Karin Immler

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