Die Umweltrentabilität der Höflichkeit

Wieso dient Höflichkeit dem Tierschutz?! Ich werde Ihnen gerne erläutern, wie ich das meine. Hier geht es sozusagen um die Umwegrentabilität. Also um einen Effekt, der vielleicht nicht sofort auffällt, aber von nachhaltiger Bedeutung ist.

Wir und die anderen

Wir Hundemenschen sind auf eine breite Akzeptanz durch Nicht-HundehalterInnen angewiesen. Wir leben in Städten und Dörfern, in Siedlungen oder Wohnblocks. Wir spazieren auf öffentlichen Wegen, in Parks und Erholungsgebieten. Wir benutzen öffentliche Verkehrsmittel, gehen ins Kaffeehaus und nehmen unsere Hunde vielleicht sogar mit zur Arbeit.

 

Haben wir es dabei mit PassantInnen, NachbarInnen oder KollegInnen zu tun, die ein gewisses Maß an Toleranz in Sachen Hund aufbringen, erleichtert das unseren Alltag ganz ungemein. Ist dem nicht so, und wir sind permanent im Clinch mit der Nachbarschaft, der Hausverwaltung oder den KollegInnen, ist das nicht nur äußerst unangenehm und ziemlich aufreibend. Es kann sogar dazu führen, dass der Vermieter die Wohnung kündigt oder der Chef seine Erlaubnis zum Mitbringen des Hundes zurückzieht. Und dann wird es womöglich richtig ungut und das Leben mit Hund steht plötzlich auf dem Kopf.

 

Geeignete Wohnungen und hundefreundliche VermieterInnen sind rar und nicht alle HundehalterInnen können sich ein eigenes Häuschen, eine eigene Wohnung leisten. Und den Job setzt man in Zeiten wie diesen ja auch nicht so einfach aufs Spiel. Immer wieder passiert es, dass Hunde im Tierschutzhaus landen, weil ihre Menschen trotz verzweifelter Suche keine Wohnung finden, in der Hunde erlaubt sind. Erst neulich erreichte mich eine besonders traurige Bitte um Vermittlungshilfe. Eine alleinerziehende Mutter, suchte schweren Herzens einen guten Platz für den Familienhund. Schließlich konnte sie ja nicht riskieren, mit ihren 2 Kindern auf der Straße zu landen.

 

Wohin mit dem Hund?

Wer sein Leben so arrangiert hat, dass der Hund mit zur Arbeit darf, kann ebenfalls vor unlösbaren Problemen stehen, wenn die Erlaubnis zurückgezogen wird. Findet sich ein Tagesplatz für den Hund? Einer, auf dem er wirklich gut aufgehoben ist, wo man tatsächlich so mit ihm umgeht wie sich der Mensch das für seinen Hund wünscht? Auf seine individuellen Bedürfnisse eingeht? Und wenn ja, lässt sich diese Art der Unterbringung finanzieren? Wie geht sich das mit dem Familienbudget aus?

 

Wie man es auch dreht und wendet, Sympathie und Entgegenkommen oder zumindest Akzeptanz der Nicht-Hundewelt ist für uns Hundemenschen sehr sehr wichtig.

 

Höflichkeit und Rücksichtnahme

Und damit sind wir wieder bei der Höflichkeit angelangt. Und bei der Rücksichtnahme. Von Menschen, die in Ihrem Alltag mit rücksichtslosen HundehalterInnen konfrontiert sind, können wir nicht allzu viel Toleranz erwarten, so viel steht fest. Und wenn dann auch noch etwas passiert, ein Hund zubeißt, Menschen, womöglich Kinder, zu Schaden kommen, dann eskaliert die Stimmung ganz schnell zu Ungunsten der Hunde und der Menschen, die Hunde halten. Wer ständig Beispiele von verantwortungs- und rücksichtsloser Hundehaltung vor Augen hat, der wird kaum Verständnis aufbringen und schnell wird der Ruf nach deutlichen Erschwernissen für die Hundehaltung laut.

 

„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun“ Moliere

Umgekehrt werden die Menschen, in deren Umfeld HundehalterInnen umsichtig und verantwortungsbewusst sind, eher Zugeständnisse machen und Verständnis für die eine oder andere Schwierigkeit aufbringen.

 

Es liegt auch an uns, wie Menschen über Hunde denken. Daran wie wir HundehalterInnen uns verhalten. Wie es sich mit uns und neben uns lebt. Gelegenheiten, um Sympathiepunkte für unsere Hunde zu sammeln, gibt es reichlich und viele davon sind ganz und gar unspektakulär, alltäglich eben.

 

Wer weiß, wer einmal das Zünglein an der Waage ist, wenn eine Hausgemeinschaft, eine Kollegenschar, ein politisches Gremium eine Entscheidung pro oder contra Hund trifft.

 

  • Die Mutter, die ihr Kind nicht in die Grünanlage zum Spielen lässt, weil der Nachbarshund ohne Leine herumrennt und nicht hört, wenn er gerufen wird?
  • Der Bauer, der sich ärgert, weil fremde Hunde seine Futterwiese niedertrampeln und womöglich auch noch ihre Hinterlassenschaften dort hinterlassen?
  • Die alte Dame, die beinahe stürzt, weil ein „Der-will-nur-spielen-Hund“ sie anrempelt?
  • Der Hobbygärtner, der das kleine Beet vor seinem Haus liebevoll pflegt und immer wieder Hundekot darin vorfindet?
  • Der Vater dessen Söhnchen weinend nach Hause kommt, weil der „böse Hund“ ihm den Ball kaputtgemacht hat?

Oder vielleicht

  • der Herr, vor dessen Haus Sie immer die Straßenseite wechseln, weil sich seine dicke Katze gerne in der Einfahrt räkelt?
  • Die Familie mit den beiden Kindern, die erleichtert sind, weil Sie mit Ihrem Hund ein wenig zur Seite gehen und alle passieren lassen?
  • Die Dame im Biergarten, derzuliebe Sie Ihren Hund auf der anderen Seite des Tisches platzieren?
  • Die Kindergärtnerin mit ihrem Grüppchen bunter Zwerglein, deren Waldspielplatz Sie in sicherem Abstand umgehen?

Wie möchten wir wahrgenommen werden

Wir alle haben auf vielfältige Weise Einfluss darauf, wie unsere Umwelt Hunde und ihre Menschen wahrnimmt, wie wohlgelitten oder verfemt Hundehaltung (speziell in der Stadt) ist. Es gibt tausend und eine Gelegenheit, sich als HundehalterIn im Alltag vorausschauend, verantwortungsbewusst und rücksichtsvoll zu verhalten.

Selbst wenn wir niemals alle erreichen werden, liegt es auch in unserer Hand, welches Bild Menschen von Hunden und ihren HalterInnen haben und wie die Zukunft der Hundehaltung aussehen wird.

„Wenn es um unsere Hunde geht, ist es durchaus auch ein Zeichen von Liebe, sich ein wenig Wissen anzueignen“ Karin Immler

Natürlich können wir nicht von unseren Hunden erwarten, dass sie perfekt „funktionieren“. Und wir werden auch nicht jeden Zwischenfall, jeden Unfall verhindern können. Aber aufpassen können wir, unsere Hunde vernünftig behandeln, gut erziehen, rechtzeitig abrufen, anleinen, ausweichen, jemandem den Vortritt lassen, was auch immer. Und damit unseren guten Willen und unsere Kompetenz als HundehalterInnen unter Beweis stellen.

 

Guter Wille und Kompetenz

Wir können

  • uns vorher überlegen, ob und welchem Hund wir ein gutes Zuhause bieten möchten
  • und ob wir willens und in der Lage sind, Zeit und Geld in seine Erziehung zu investieren
  • uns rechtzeitig informieren, welche Bedürfnisse unser neuer vierbeiniger Gefährte hat
  • und realistisch abwägen, ob wir diese erfüllen können
  • uns mit dem (Ausdrucks)Verhalten unserer Hunde befassen, die „Hundesprache lernen“
  • Wissen erwerben und uns entwickeln, um unsere Hunde nicht nur zu verstehen, sondern ihnen jene faire und umsichtige Führung zu geben, die sie verdienen
  • uns rechtzeitig Rat und kompetente Hilfe holen, wenn sich Schwierigkeiten abzeichnen
  • Interesse und Verständnis dafür aufbringen, dass Menschen Angst vor Hunden haben oder sich in deren Gegenwart unbehaglich fühlen

Logo der VÖHT, Vereinigung Öst. HundeverhaltenstrainerInnen

Höflichkeit ist Tierschutz

Helfen auch Sie mit!

Seien Sie Vorbild und tragen Sie mit dazu bei, dass Menschen uns entspannt und ohne Vorurteile begegnen, auch wenn sie Hunde vielleicht nicht mögen oder gar Angst vor ihnen haben.

 

Ich wünsche Ihnen gute Beziehungen und freundliche Begegnungen mit ihrem vierbeinigen Gefährten an Ihrer Seite.

Herzlichst
Eure und Ihre
Karin Immler

 

 

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