Pünktlich zum Valentinstag sind wir rundherum mit der Liebe konfrontiert – oder zumindest mit dem, was Werbung und Filmindustrie darunter verstehen. „Ist es Liebe?“ Keine Angst, ich werde Sie jetzt nicht mit stelzigen Definitionen langweilen. An dem Versuch, Liebe zu erklären haben sich schon ganze Generationen von Dichtern und Denkern die Zähne ausgebissen.

Und wenn es um Menschen und ihre Haustiere geht, dann ist es ohnehin noch einmal schwieriger herauszufinden, welche Gefühle tatsächlich dahinter stecken. Und ganz bestimmt ist es nicht immer Liebe.

 

Ist es Liebe?

Wie können Hundehalter den Hund an ihrer Seite ihren besten Freund nennen und gleichzeitig einen aktiven Leinenruck als Kommando für „Sitz“ anwenden… Gehen Sie ihren besten, menschlichen Freunden auch strangulierend an den Hals, um ihnen einen Platz auf der Couch anzubieten? Suse Freiberg

Woran merkt man, dass jemand seinen Hund liebt? Daran, dass dieser im Bett schlafen darf oder Premium-Hundefutter bekommt? Daran, dass das Urlaubsquartier ein Hundehotel ist, in dem nebst Futter- und Wassernapf auch Leckerchen und Hundehandtuch bereit gestellt werden? Oder daran, dass er als Teil der Familie wahr- und angenommen wird?

In den letzten Tagen machte das Foto von einem Hund, der erhängt aufgefunden wurde, die Runde in den sozialen Netzwerken. Schließlich hat sich herausgestellt, dass das arme Tier von seinem eigenen Herrchen umgebracht wurde. Man fragt sich, wer so etwas tun kann –den eigenen Hund auf diese Weise ermorden. War es tatsächlich Liebe, die diesen Menschen veranlasst hat, einen Hund zu sich zu nehmen?

Wie können Menschen, die ihren Hund mehrmals täglich fast erwürgen (man nennt das auch Leinenruck) oder gar regelmäßig mit dem Umbringen bedrohen (auch als Alphawurf bekannt), ohne rot zu werden, darüber sprechen, wie sehr sie ihren Hund lieben?

 

 

Ist es Liebe, sich einen süßen Welpen zu holen und ihn dann anzuschreien oder gar mit der Zeitung zu schlagen, weil er ein Pfützchen in die Wohnung gemacht hat? Ist es Liebe, dem pubertierenden Junghund, der zugegebenermaßen ganz schön Nerven kosten kann, in den Flur zu sperren und ihm den Zutritt zu den Wohnräumen zu verwehren? Ist es Liebe, dem Leinenproll ein Stachelhalsband anzulegen, weil er andere Hunde anbellt? Ist es Liebe, ihm ein sogenanntes Erziehungsgeschirr anzuziehen,  weil er noch immer an der Leine zerrt wie ein Irrer

 

Hilflosigkeit und Unwissenheit

Nein, Liebe ist das ganz bestimmt nicht. Hilflosigkeit vielmehr und Unwissenheit gepaart mit einem eklatanten Mangel an Empathie. „Gewalt beginnt, wo Wissen endet“ – dieser Spruch bewahrheitet sich nur allzu oft. Auf dem Boden von Unkenntnis und Überforderung gedeiht bekanntlich Gewalt besonders gut. Und Ratschläge gibt es ja rundherum genug – gute wie schlechte.

 

 

Wissen als Basis der Liebe?

Hat Liebe im Umkehrschluss etwas mit Wissen zu tun? Ja durchaus, wie ich finde. Allerdings nicht nur mit „Schulwissen“, sondern viel mehr mit Bauchwissen, mit Intuition und eben mit Empathie.

 

Wenn es um unsere Hunde geht, ist es durchaus auch ein Zeichen von Liebe, sich ein wenig Wissen anzueignen. Ein bisschen Hundewissen, damit wir unseren Vierbeinern gerecht werden können! Ein bisschen Wissen, um zwischen unseren Bedürfnissen und denen unserer Hunde unterscheiden zu können! Und ein bisschen Wissen, um unsere Liebe und Zuneigung auf eine Weise auszudrücken, die unseren Hunden gut tut.

 

Die Angst des anderen wahrzunehmen, seine Not zu erkennen auch wenn man sie vielleicht nicht lindern kann, zuzuhören, einfach da zu sein! Alles das gehört zur Liebe dazu – egal ob es dabei um Menschen oder um Hunde geht.

 

„Liebe sagt man gut und richtig, ist ein Ding was äußerst wichtig“ Wilhelm Busch

Liebe hat mit einem tiefen Gefühl der Verbundenheit zu tun, mit Zuneigung. Sich einander zuzuneigen, bedeutet auch, sich für einander zu interessieren und wahrzunehmen, wie der andere drauf ist. Wer seinen Hund liebt, hat ein echtes Interesse an ihm, seinen Vorlieben oder Abneigungen, und auch die Bereitschaft, darauf einzugehen. Wie viele Hunde tummeln sich z.B. auf Hundeplätzen oder Freilaufwiesen, weil ihre Menschen daran große Freude haben – und nicht etwa sie selbst? Allzu oft macht sich niemand die Mühe, genau hinzusehen, wie es ihnen tatsächlich dabei geht.

Hat Cäsar wirklich so großen Spaß auf der Hundewiese oder rennt er nur hektisch und überfordert herum? Ist Kira tatsächlich ein Turnierfreak oder ist eher der sportliche Ehrgeiz vom Frauli der Antrieb für das intensive Training?

 

Was tut wem gut?

Liebe bedeutet darüber hinaus Verantwortung und Fürsorge, Rücksichtnahme und manchmal auch Verzicht. Dem Hund zuliebe auf etwas verzichten zu können – etwas bewusst nicht zu tun, auch das zeichnet die Liebe zum Tier aus. Ist es wirklich Liebe, den Hund überall dabei zu haben oder ist es nicht in manchen Fällen eher Rücksichtslosigkeit – dem Hund gegenüber und vielleicht auch der Umwelt? Wäre es nicht ein Zeichen von Liebe, dem Hund das eine oder andere Kinderfest zu ersparen und ihm stattdessen ein gemütliches Nickerchen oder einen ausgiebigen Spaziergang mit dem Hundesitter zu gönnen?

 

„Kauf einen jungen Hund, und Du wirst für Dein Geld wild entschlossene Liebe bekommen“ Rudyard Kipling

Ist der ausgiebige Kaffeehaustratsch mit der Freundin im hippen In-Lokal wirklich „nett“ für Ihren Hund ? Oder ist der womöglich total gestresst und überfordert mit der Situation, zumal Sie völlig ins Gespräch vertieft sind und die Not Ihres Hundes gar nicht wahrnehmen?

 

Vermutlich ist es nicht Liebe, den Hund mit stylischen Designerklamotten auszustatten, sondern bedient eher die Bedürfnisse des Menschen. In den meisten Fällen wird man damit zumindest keinen Schaden anrichten. Dem kleinen Hündchen mit den dünnen Haaren oder dem kurzhaarigen Sonnenanbeter ein warmes Mäntelchen zu gönnen, ist dagegen durchaus ein Zeichen liebevoller Fürsorge. Genau wie die weiche, warme Unterlage, die Ihr Senior jetzt genießt, obwohl er in früheren Jahren den kühlen Steinboden bevorzugt hat, oder der Verzicht auf die langen Touren, die Ihr alter Hundekumpel nicht mehr schafft.

 

Liebe geht durch den Magen

Ich erinnere mich mit Schrecken an den dicksten Hund, den ich jemals live gesehen habe. Es handelte sich um einen Beaglerüden, der so unsagbar dick war – erstaunlich, dass er sich überhaupt noch fortbewegen konnte. Frauchen und Herrchen des X-Large-Beagles bestaunten eine kleine Vorführung von Teams meiner Hundeschule: ein Miniparcours mit kleinen Hindernissen und Geräten – im Grunde unspektakulär. Im Verlauf des Gesprächs konnte ich mir einen vorsichtigen Hinweis auf die nicht vorhandene Taille des Beagles nicht verkneifen. Die Replik von Frauchen kam prompt: sie wisse, dass er viel zu dick sei „…, aber ich liebe ihn doch so sehr!“ Und aus diesem Grund, bekomme er zu fressen, was immer er möchte – ein Beagle!

 

Füttern als Liebesbeweis!

„Wer nie einen Hund gehabt hat, weiß nicht, was Lieben und Geliebtwerden heißt“ Arthur Schopenhauer

Für viele Menschen ist Füttern DER Liebesbeweis schlechthin. Und so wird das teuerste, exklusivste Produkt auf dem Markt gekauft oder der Hund wird mit allem vollgestopft, was er fressen kann. Dass vieles, was da im Bauch des Hundes landet, dort überhaupt nichts verloren hat  und womöglich sogar tödlich sein kann (Stichwort Schokolade), wird dabei oft übersehen. Dabei wäre es bestimmt die größere Liebe, den Hund auf Diät zu setzen und ihm stattdessen Auslauf und artgerechte Auslastung zu ermöglichen.

 

Er soll es doch gut haben bei mir!

Ja, das soll er. Und ich habe auch gar kein Problem damit, den Hund zu vermenschlichen (abgesehen von der Schokolade). Und Liebe hat ja bekanntlich viele Facetten, wärmen soll sie, erfreuen soll sie und gut tun soll sie.

„Hunde und Katzen bieten oft tatsächlich ein hohes Maß an sozialer Unterstützung, weil sie immer da sind und uns nie kritisieren“ Kurt Kotrschal

Wir wärmen uns in und an der Liebe unserer Hunde, ihre Gegenwart tut uns gut. Ihre sanfte Schnauze auf dem Oberschenkel oder in der Armbeuge, ein tiefer Blick aus Hundeaugen und uns wird warm ums Herz. Unsere Hunde stellen keine Bedingungen.

Es ist Ihrem Hund völlig egal, ob Sie gekämmt sind, übergewichtig, krank oder einen Pickel auf der Nase haben. Wenn Sie zwider sind (öst. für schlecht gelaunt), dann geht Ihr Vierbeiner möglicherweise ein wenig auf Abstand, vorhalten wird er es Ihnen aber ganz bestimmt nicht. Er wird Ihnen keine Vorwürfe machen, auch nicht, wenn Sie ungerecht sind oder ungeduldig. Nicht einmal dann, wenn Sie ihn sträflich vernachlässigen, missachten oder gar misshandeln.

Unsere Hunde freuen sich über jede kleine Aufmerksamkeit , selbst ein winziger Blick oder ein ebensolche Geste finden Beachtung und ihr fröhliches Wedeln erhellt den dunkelsten Tag.

Hoffentlich zieht höheren Orts niemals jemand Bilanz und rechnet gegeneinander auf: die Liebe, die wir unseren Hunden geben, gegen die, die wir empfangen dürfen. Ich fürchte, das gäbe ein ziemlich einseitiges Ergebnis. Denn unsere Hunde haben unendlich viel Liebe zu geben. So viel Liebe, die wir dankbar annehmen und so gut wir können, erwidern sollten.

Ich wünsche Ihnen und Ihrem/Ihren vierbeinigen Gefährten einen liebevollen Valentinstag.

Herzlichst
Eure und Ihre
Karin Immler

 

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