Am 22. Juni ist der „Take Your Dog to Work Day“, der vor allem in Großbritannien gefeiert wird. Kollege Hund! Ich weiß gar nicht, ob es im deutschsprachigen Raum auch so einen Bürohund-Feiertag gibt, aber vielleicht kommt das ja noch. „Kollege Hund“ ist auch bei uns ein vielgewünschtes Modell und mit etwas gutem Willen und ebensolchem Training durchaus machbar.

 

Es gibt inzwischen reichlich Studien, die belegen wie segensreich sich ein Bürohund auf das Betriebsklima auswirken kann. Für viele HundehalterInnen ist es darüber hinaus von existenzieller Bedeutung den Hund mit zur Arbeit nehmen zu können. Da werden lieber an anderer Stelle Zugeständnisse gemacht, um nur ja dieses Privileg nicht zu gefährden.

Die Erlaubnis Ihres Arbeitgebers ist natürlich die Grundlage, die oberste Instanz, ohne diese geht es gar nicht. Es gibt aber noch einige weitere und ebenso wichtige Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt, bevor Fifi mitkommen kann.

 

Die Menschen

Selbst wenn Ihre Chefität pro Hund eingestellt ist, wenn es die KollegInnen nicht sind, wird es schwierig. Vor allem dann, wenn jemand allergisch ist und aus diesem Grund keinen Hund in seiner Nähe vertragen kann. Das sollten Sie also unbedingt abklären, bevor Sie Napf und Hundekörbchen im Büro auspacken.

Ist nicht eine Allergie, sondern Angst und/oder Abneigung der Grund, warum KollegInnen dem  Bürohund skeptisch gegenüber stehen, dann rate ich Ihnen zu einem offenen Gespräch, um Vorbehalte auszuräumen. Möglicherweise wäre es eine gute Idee, dieses Gespräch moderieren zu lassen bzw. eine dritte – neutrale – Person hinzu zu bitten. Oft ist ein Treffen auf neutralem Boden hilfreich, um den betreffenden KollegInnen die Möglichkeit zu geben, den Hund erst einmal kennenlernen und sich von dessen Harmlosigkeit/guten Manieren/Reinlichkeit überzeugen zu können.

Diffusen Ängsten und Bedenken können Sie vermutlich wenig entgegensetzen. Wenn aber konkrete Befürchtungen zur Sprache kommen, sollten Sie darauf eingehen. Vielleicht befürchtet die Kollegenschaft, dass der Hund an ihre Sachen geht, das Büro verschmutzt wird und man nicht mehr in Ruhe telefonieren kann. Hier sind Aussprachen auf Augenhöhe wichtig.

Missverstehen Sie die Vorbehalte und Sorgen der KollegInnen nicht als Angriff auf die eigene Person. Nehmen Sie die Bedenken ernst und setzen Sie sich damit auseinander. Bieten Sie Lösungen an. Schließlich möchten Sie, dass Ihr Hund mit zur Arbeit kann! Den anderen kann das ja egal sein. Solche Lösungen können Abtrennungen sein, die Zusage den zusätzlichen Staubsaugerdienst zu übernehmen oder das entsprechende Verhalten zuverlässig mit dem Hund zu trainieren.

Die Arbeitsumgebung

Noch bevor Sie ChefIn und KollegInnen löchern, beäugen Sie erst einmal kritisch die Räumlichkeiten, in denen sich Ihr Berufsalltag abspielt. Ist es dort sehr laut oder stehen gefährliche Maschinen oder Gerätschaften herum, dann ist es vielleicht keine so gute Idee, einen Hund mitzubringen. Das gleiche gilt für Arbeitsstätten, an denen Lösungsmittel oder andere gefährliche Chemikalien verwendet werden.

Ist es rein räumlich möglich, für den Hund einen Sicherheitsbereich, eine Komfortzone zu schaffen? Gerade in einer unruhigen Arbeitsumgebung oder an einem Arbeitsplatz, an dem ein ständiges Kommen und Gehen herrscht, ist es wichtig, dass der Hund seinen eigenen Bereich hat, in dem er zur Ruhe kommen kann und wo er nicht gestört wird.

 

Andere Hunde

„Die Personen, die ihren Hund mit zur Arbeit brachten, deren Stress war geringer am Anfang des Tages und blieb so den gesamten Tag“. “ 50% der Personen, die ihren Hund mit in das Büro brachten, fühlten, dass dadurch ihre Produktivität anstieg“ Quelle: CBS This Morning

Vielleicht gibt es in der Firma mehrere HundehalterInnen und weitere Bürohunde. Vielleicht sogar solche, die die älteren Rechte haben. Auch in diesem Fall sollten Sie das Gespräch suchen und die jeweiligen Bedürfnisse und Vorstellungen besprechen. Manchmal prallen unterschiedliche Erziehungsstile aufeinander, was im Büroalltag zu allerhand Reibereien führen kann. Machen Sie sich klar, wo genau Ihre Grenzen sind bzw., die Ihres Hundes und respektieren Sie, dass auch die anderen HundehalterInnen solche Grenzen haben und gewahrt wissen wollen.

Vielleicht gibt es auch Timeshare-Lösungen, sodass die Hunde abwechselnd in einem bestimmten Rhythmus mitkommen. Tageweise oder wochenweise, vielleicht sogar abwechselnd vormittags und nachmittags. So wie im modernen Hundetraining, sollten Sie auch hier Ihr Augenmerk auf die Potentiale legen und nicht auf die Defizite . Ich kenne bereits einige kreative – und äußerst erfolgreiche – Modelle.

 

https://www1.wdr.de/fernsehen/tiere-suchen-ein-zuhause/themen/burohund-recht-100.html

Büro-Knigge

Selbstverständlich ist die Erlaubnis des Arbeitgebers, den Hund mitzubringen, kein Freibrief für Rücksichtslosigkeit und schlechtes Benehmen. In jeder Firma gibt es Regeln, was wann wie und wo gemacht wird und wie man miteinander umgeht. Ihre Verantwortung ist es, dem Hund die Regeln, soweit sie ihn betreffen „zu erklären“. Das bedeutet, dass Sie mit Ihrem Hund üben, was er im Büroalltag können muss, um die Abläufe nicht zu stören. Wenn Sie die Möglichkeit haben, dann zögern Sie nicht, eine Fachperson für Hundetraining hinzuzuziehen. Gibt es tatsächlich Baustellen, dann empfehle ich, diese offen anzusprechen, die Kollegenschaft mit ins Boot zu holen und keinesfalls säumig zu sein oder gar Problemverhalten vertuschen zu wollen. Das kann böse ins Auge gehen. Sie können nicht voraussetzen, dass Ihre TeamkollegInnen, der junge Mann aus dem Lager, der nur eben etwas abgeben wollte, die Praktikantin oder der Botendienst wissen, wie man mit einem Hund – mit Ihrem Hund – umgeht.

 

Management

Besonders bei Parteienverkehr am Arbeitsplatz ist gute Vorbereitung schon der halbe Büroalltag. Ein Hund, der jedes Mal lauthals bellt, wenn geklopft wird oder gar keifend auf BesucherInnen zuspringt, ist auch für den hundefreundlichsten Betrieb bald nicht mehr tragbar.

Gutes Training ist eine Sache, Management eine andere. Eine Box samt kluger Platzwahl kann bereits große Erleichterung bringen (Boxentraining vorausgesetzt). Manchmal reicht es auch schon, den Schreibtisch ein klein wenig anders hinzustellen, ein paar Grünpflanzen geschickt zu platzieren und an der Türe ein Schild anzubringen.

Training

Vielfach geht es nicht nur ums Hundetraining – auch Menschentraining ist gefragt. Gerade die wohlmeinenden KollegInnen sind es manchmal, die für Tumult im Büroalltag sorgen. Zum Beispiel durch überschwängliche Begrüßungsszenen, die regelmäßig in Springen und Bellen ausarten. Oder die, die meinen, den Hund mit lautem Geschrei am Bellen hindern zu können.

Vielleicht ist es in so einem Fall sinnvoll, ein gemeinsames Training unter Anleitung zu arrangieren. Ich durfte bereits einige Male ein Training am Arbeitsplatz anleiten und habe das als äußerst erfolgreiche Maßnahme erlebt. Zum einen machen Sie deutlich, dass Sie ernsthaft an einer Win-Win-Situation interessiert und auch bereit sind, etwas dafür zu tun. Zum anderen wird die Person mit den größten Vorbehalten zu Ihrem Verbündeten, indem Sie ihn (resp. sie) um Hilfe bitten. Besteht der Eindruck, dass Sie die vorgebrachten Sorgen und Bedenken nicht ernst nehmen, ist das kein schönes Gefühl. Selbst Einfluss zu haben, ja Teil der Lösung zu sein, das ist dagegen ein sehr gutes Gefühl.

Kollege Hund

Von der eigens dafür engagierten TrainerIn lässt man sich eher etwas sagen als vom Kollegen, das kommt noch hinzu. Gerade, wenn es um den Umgang mit unerwünschtem Verhalten geht, können HundehalterInnen sich oft schlecht durchsetzen. Außerdem bin ich als TrainerIn emotional nicht befangen – es ist ja nicht mein Hund – und kann mich so quadratisch, praktisch, gut auf die Lösung konzentrieren.

Bis jetzt waren es immer nur kleine Änderungen, die wir vornehmen mussten. Einige Beispiele:

  • Eine Kartonwand, die zwischen 2 gegenüberstehenden Schreibtischen angebracht wurde (den Kabelsalat unter den Tischen haben wir bei der Gelegenheit auch in Ordnung gebracht).
  • Ein Schild an der Tür „Bitte nur einmal klopfen und dann warten. Sie werden abgeholt“
  • oder auch „Bitte nicht klopfen, einfach eintreten“.
  • Wir hatten auch schon „STOP! Keinesfalls eintreten! Herrchen im Meeting – Hund alleine im Büro!“

Trainingsaufgaben für die HundehalterInnen waren unter anderem: Boxen- bzw. Deckentraining, Klopftraining, Begrüßungstraining, Entspannungssignal, rein- und rausschicken und Tischmanieren im Pausenraum.

Für den Kollegenkreis gab es Einschulungen in Körpersprache (von Menschen und von Hunden), Höflichkeit Hunden gegenüber, Grundsätzliches über positive Bestärkung und den Umgang mit unerwünschtem Verhalten. Wir haben Begrüßungstraining für die Menschen gemacht und gefühlte tausend Vorbehalte, Fragen und Missverständnisse durchbesprochen.

Alle Hunde, bei denen ich hinzugezogen wurde, durften am Arbeitsplatz bleiben, auch wenn der Anfang mitunter holprig war. Klarerweise ist dies nicht (nur) auf mein trainerisches Einwirken zurückzuführen, sondern vielmehr darauf, dass die HundehalterInnen sich ernsthaft mit der Thematik auseinandergesetzt und Lösungen angestrebt haben, die allen Beteiligten zugutekommen. Denn nur dann, wenn es für alle passt, ist Kollege Hund eine Bereicherung am Arbeitsplatz!

 

Viel Freude mit Kollege Hund wünscht Ihnen

 

Ihre

Karin Immler

 

 

Blogpost abonnieren