Tag des Blindenhundes

Am 29. Jänner ist der Tag des Blindenhundes. Anlass genug, über Assistenz-, Besuchs- und Therapiehunde bzw. deren Ausbildung nachzudenken. Es scheint mir fast schon ein wenig trendy zu sein, einen Therapiehund oder zumindest einen Besuchshund zu führen. Und wo Trends sind, gibt es auch sofort Anbieter, die diesen Markt bedienen. Zurzeit schießen Ausbildungsstätten für Therapie- und Besuchsdiensthunde wie Schwammerl aus dem Boden. Aufgehübscht durch fantasievolle Zertifikate, oft kryptisch formuliert, was die dahinterstehende Philosophie betrifft, werden da unterschiedlichste Ausbildungen angeboten, zum Teil zu horrenden Preisen und mit unklaren Ausbildungszielen.

 

So löblich die Absicht auch sein mag, sich mit seinem Hund in dieser Weise zu engagieren, zunächst gilt es doch, realistisch zu bewerten, ob es dem Hund überhaupt Freude macht, solcherart  mit Menschen zu arbeiten. „Mein Hund lässt sich so gern streicheln!“ ist zu wenig, um eine solche Ausbildung in Angriff zu nehmen. Ernsthaft betrieben, steckt man viel Zeit, viel Herzblut und ebenso viel Geld in eine solche Ausbildung. Und auch mit dem Abschluss, dem Erreichen des Zertifikats, ist das nicht vorbei, denn so lange ein Hund im Einsatz ist – und natürlich darüber hinaus -, heißt es gut auf ihn zu achten, seine Gesundheit, seine geistige und körperliche Fitness zu erhalten und zu fördern und ihm die Freude an der Arbeit zu bewahren.

 

Einsatz ist Arbeit

Diese „Arbeit am Klienten“ ist für die Hunde keine nette Freizeitgestaltung und besteht bei weitem nicht nur aus gestreichelt werden (wobei auch das ziemlich herausfordernd sein kann.) Selbst bei allerbester Ausbildung und Vorbereitung ist es wichtig, das Wohl des Hundes immer im Auge zu behalten und gegebenenfalls „nein“ zu sagen. „Nein“ zu einer zusätzlichen Anforderung, „nein“ zu einer bestimmten Einsatzgestaltung, „nein“ zu Wünschen und Anforderungen, die über die Kapazitäten des Hundes hinausgehen.

 

Gute Ausbildung ist wichtig

“Es gibt immer tausend Wege eine Übung aufzubauen – fünfhundert davon sind tierschutzrelevant. Es bleiben noch fünfhundert übrig, die wir nutzen können” Viviane Theby

Doch was genau beinhaltet eine gute Ausbildung? Nun, natürlich sollte ein Besuchs-, Schul- oder Therapiehund einige Signale zuverlässig beherrschen. Wichtiger allerdings erscheint mir, dass der zugehörige Mensch lernt, wie er grundsätzlich mit seinem Hund umgeht, wie er ihn lenken und leiten, ihm Ruhe und Sicherheit geben kann. Und wie er für den Rahmen aus Vertrauen und Sicherheit sorgt, innerhalb dessen der Hund agieren kann.

 

Wer seinen Hund im Besuchsdienst, als Schulhund oder Begleiter in der Therapie führt, sollte ihn gut, ja sehr gut, kennen und einschätzen können und die Signale des Hundes zu deuten verstehen. Denn letztendlich sind wir Menschen dafür verantwortlich, dass unsere Hunde sich entfalten können und nicht überfordert werden. Denn nur so kann ein Besuchshund lange und freudig seinen Dienst tun und Menschen das Geschenk wertungsfreier Zuwendung machen.

 

Fürsorgepflicht des Menschen

Auch ein Assistenzhund – um auf den Blindenhund zurückzukommen – ist auf die Fürsorge von Menschen angewiesen. Auch ein Assistenzhund braucht Freizeit und Ausgleich zu seiner verantwortungsvollen Tätigkeit im Dienste seines Menschen. Und auch ein Assistenzhund kann überfordert sein, kann in einer Situation auf menschliche Aufmerksamkeit und den Schutz durch seinen Menschen angewiesen sein. Mehr noch als bei den oben genannten Besuchs- und Therapiehunden zählt bei den Assistenzhunden die Leistung. Sind doch Menschen vielfach davon abhängig, dass ihr Hund „funktioniert“.  Doch langfristig kann nur der Hund gute Leistungen erbringen, dem es gut dabei geht und dessen Bedürfnisse erfüllt werden.

 

Warum ich über dieses Thema schreibe? Ganz einfach, weil ich sehe wie rundherum Ausbildungen angeboten werden, die absolut nicht den Kriterien moderne Tiertrainings und gewaltfreien Umgangs entsprechen. Weil gutgläubige Menschen mit ihren Hunden in Situationen gebracht werden, denen sie nicht gewachsen sind.

„Führung braucht Haltung“ unbekannt

Und weil diese Teams, wenn sie im Einsatz überfordert sind, weder sich selbst noch der Sache einen guten Dienst tun. Ganz abgesehen von den persönlichen Tragödien, die sich möglicherweise abspielen, wenn ein Therapie- oder Besuchshund oder gar ein Assistenzhund sich nicht so entwickelt, wie man es sich vorgestellt hat und die Enttäuschung des Menschen darüber groß ist.

 

 

Ich begrüße es, dass auch in Österreich nach und nach Institutionen sich der Idee öffnen, Besuchs- und Therapietiere zuzulassen. Ich weiß um die wundervolle Wirkung, die alleine schon die Anwesenheit der Tiere auf Menschen hat, egal ob es sich um schwerkranke oder schwerstbehinderte Menschen handelt, um Schulkinder, um SeniorInnen, einfach um Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen. Doch niemals sollten die Tiere nur Mittel zum Zweck sein. Sie sind uns anvertraut und auf unsere Empathie, Fürsorge und Umsicht angewiesen. Tiergerechte, individuelle und fürsorgliche Ausbildung, fairer und verantwortungsvoller Umgang mit dem Tier (nicht nur) im Einsatz sind für mich unabdingbare Voraussetzungen für den Ausbau von Besuchsdiensten, tiergestützter Therapie und den Einsatz von Assistenzhunden.

 

Passen Sie gut auf Ihren Hund auf, damit er lange Spaß an allem hat, was Sie gemeinsam unternehmen.

 

Herzlichst
Eure und Ihre
Karin Immler

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